PM: Die neue EKD-Friedensdenkschrift – Eine gute Grundlage zur Orientierung und weiteren Debatte

10.11.2025

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung der neuen Friedensdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit dem Titel „Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick“ erklärt der Bundesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK), Thomas Rachel MdB:

„Die neue EKD-Friedensdenkschrift bietet eine gute Grundlage zur friedensethischen Orientierung und auch für die gesamte weitere friedenspolitische Debatte.
Angesichts der massiven neuen verteidigungs- und sicherheitspolitischen Gefährdungen und Herausforderungen der letzten Jahre, des weltweiten Erstarkens illiberaler und demokratiefeindlicher Kräfte sowie der Wiederkehr brutaler Angriffskriege und menschenverachtender Konflikte war sowohl eine Fortschreibung und Aktualisierung der alten Friedensdenkschrift ‚Aus Gottes Frieden leben‘ (2007) als auch die Selbstkorrektur mancher recht einseitig ausgerichteter kirchlicher Stellungnahmen der letzten Jahre unbedingt notwendig. 
Die neue Friedensdenkschrift zeichnet ein realistisches Bild der umfassenden globalen Friedensbedrohungen und der militärischen und existentiellen Gefährdungslagen der Gegenwart. Sehr positiv ist anzumerken: ‚Welt in Unordnung‘ bietet keine fertigen Antworten und fällt keine vorschnellen moralisch-ethischen Urteile, sondern der Duktus der gesamten Argumentation, gerade auch bei den einschlägig bekannten friedenspolitischen Kontroversen, ist wohltuend abwägender und differenzierter Natur.
Die neue Friedensdenkschrift will sich als theologische Hilfe zur Orientierung und Gewissensbildung bzw. -schärfung verstehen und das gelingt ihr auch.
Dieser offen-diskursive und abwägende Grundansatz, der die gesamte Denkschrift durchzieht, gefällt mir ausgesprochen gut. Denn er bietet auch eine konstruktive Grundlage für das notwendige weitere politische Ringen um die aus christlicher Perspektive besten Lösungsansätze.
Hier ist eine ausgesprochen gelungene Rückkehr zu dem vollzogen worden, was immer schon zur klassischen Stärke der Evangelischen Ethik gehört hat, nämlich die gewissenhafte Orientierung am biblischen Zeugnis in Verbindung mit dem dann neu gewonnenen kritisch-theologischen Blick auf die gesellschaftlichen und politischen Fragen und Herausforderungen der gegenwärtigen Zeit.
Konkret und positiv hervorzuheben sind u.a. die wieder stärkere Betonung der notwendigen Dimension der rechtserhaltenden Gewalt (unter gleichzeitiger Wahrung des Leitbildes vom ‚Gerechten Frieden‘), die gewissermaßen fundamentalethische Einhegung und damit auch wohlverstandene Relativierung von radikal-pazifistischen Positionen, die klare Anerkennung des Rechtes zur Verteidigungsfähigkeit eines angegriffenen Staates (unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit) sowie die Betonung sowohl der Untrennbarkeit von Frieden und Freiheit auf der einen als auch der Zusammengehörigkeit der Perspektiven von Sicherheit und Freiheit auf der anderen Seite. 
In einer Welt voller Unfrieden, Konflikte und Hass ist auch das ureigenste Friedenszeugnis der Kirchen entscheidend wichtig. Die weltweite Ökumene wird in der Denkschrift insofern zu Recht als entscheidender ‚Ort des Friedenszeugnisses‘ benannt. An diesem Punkt hätte man sich angesichts der zunehmenden weltweiten Tendenz zur Instrumentalisierung und politischen Ideologisierung von Kirche und Christentum allerdings ein paar mehr Ausführungen und auch selbstkritischere Konkretisierungen gewünscht. Denn vom Moskauer Patriarchen Kyrill bis zur MAGA-Bewegung in den USA zeigt sich derzeit wieder die ganze Problematik der Missbrauchsanfälligkeiten auch im Christentum.
Wenn auch gewiss manche Akzentsetzungen und Einzelaspekte in der neuen Denkschrift weiterhin strittig und kontrovers betrachtet werden könnten, handelt es sich bei ‚Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick‘ um einen insgesamt sehr gelungenen Beitrag zur friedensethischen und friedenspolitischen Debatte.“