Resolution: "Menschenrechte - Anspruch und Herausforderung"

25.06.2004

Der Schutz der elementaren Menschenrechte ist hochaktuell. Die völlig neuen Herausforderungen für die internationale Staatengemeinschaft im Hinblick auf die Abwehr des islamistischen Terrorismus, die zahlreichen Terror- und Unrechtsregime und schließlich die auch im 21. Jahrhundert nicht abbrechende Zahl von Kriegen und ethnischen wie religiösen Konfliktherden auf der gesamten Erde drängen uns zum Handeln. Überall auf der Welt kommt es tagtäglich zu eklatanten Verstößen gegen Recht und Würde des Menschen.

Diese Verbrechen haben mittlerweile ein qualitatives und quantitatives Ausmaß an Grausamkeit erreicht, vor dem die demokratisch-freiheitlichen und friedliebenden Völker nicht länger die Augen verschließen dürfen. Die "Menschenrechtsidee" selbst, wie sie ihre wegweisenden Kodifizierungen und Konkretisierungen seit der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" von 1948 auf vielfältigste Weise erhalten hat, ist in der politischen Praxis längst durch die bedenkliche Tendenz einer willkürlichen bzw. Interessen gesteuerten Interpretation in ihrer Substanz gefährdet.

Das Thema Menschenrechte ist gerade für eine christlich geprägte Politik von höchster Bedeutung. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass allen Menschen dieselben grundlegenden Rechte garantiert werden.

Wie sich bei der jährlich stattfindenden Tagung der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen zeigt, versuchen sich Länder mit dem Verweis auf die Unterzeichnung der Menschenrechtspakte ihren daraus resultierenden Verpflichtungen zu entziehen. Diese Diskrepanz muss von der internationalen Staatengemeinschaft laut und vernehmlich angeprangert werden. Es muss der Tendenz entgegengewirkt werden, dass die internationalen Menschenrechtsabkommen nach eigenem Belieben willkürlich angewandt werden. Die Umsetzung von Menschenrechtsverträgen muss erwirkt und Menschenrechtsmechanismen gestärkt werden.

Insbesondere in Anbetracht der aktuellen, äußerst komplexen internationalen Bedrohungen müssen vor allem die Vereinten Nationen bei allen gravierenden Menschenrechtsverletzungen künftig zu einer Geschlossenheit im Handeln finden, die weder vor politisch bzw. wirtschaftlich motivierten staatlichen Eigeninteressen kapituliert noch unilaterale Gewaltmonopole entstehen lässt. Dies hat bedeutsame Auswirkung auf die Fortschreibung des Völkerrechts und die Formulierung zeitgemäßer friedensethischer und -politischer Maximen. Auch darf kein Land Vorwände - wie den Kampf gegen den internationalen Terrorismus - nutzen, um die Menschenrechte unrechtmäßig auszuhöhlen.

Zu den grundlegenden Menschenrechten gehört auch das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit. In vielen Ländern der Welt werden diese Freiheitsrechte aber nicht gewährleistet. Gerade die Diskriminierung und Verfolgung von Christen hat in den letzten Jahren besorgniserregende Ausmaße angenommen: Christen werden schikaniert, diskriminiert und verfolgt. Kommunistische Länder, wie z.B. die Volksrepublik China, Nordkorea, Vietnam und Kuba, betrachten Religion immer noch als "Opium fürs Volk". Angehörige christlicher Kirchen und Gemeinden sind gezwungen, ihren Glauben im Untergrund zu leben. In islamischen oder islamisch geprägten Staaten können Christen ebenfalls nicht ohne Angst öffentlich von ihrem Glauben Bekenntnis ablegen. In manchen dieser Länder müssen sich Christen dem islamischen Recht unterwerfen. In Ländern des früheren Ostblocks wird die orthodoxe Kirche häufig als Staatskirche betrachtet; nicht-orthodoxe christliche Gemeinden müssen mit Diskriminierungen rechnen. Wir setzen uns generell für Religions- und Glaubensfreiheit ein. Angesichts der christlichen Prägung unserer politischen Kultur fühlen wir uns verfolgten Christen in besonderer Weise verbunden und zur Solidarität verpflichtet.

Die politische Durchsetzbarkeit der elementaren Menschenrechte hat internationale wie nationale Implikationen, die sich jeweils wechselseitig bedingen. Neben den traditionell außenpolitischen Fragen werden wir uns in gesteigertem Maße auch für unsere innenpolitischen Probleme sensibilisieren müssen. Flucht, Vertreibung und Migration als unmittelbare Folgen von Krieg, Gewalt und Verfolgung sind leider auch Kennzeichen unserer Epoche. Der EAK begrüßt daher die jüngste Einigung beim Zuwanderungsgesetz. Zu den Herausforderungen eines modernen Asyl- und Zuwanderungsgesetzes gehört aber auch die Verantwortung für eine wirkliche Integration der hier dauerhaft lebenden ausländischen Mit-bürger. Der sicherheitspolitische Aspekt der Zuwanderungs- und Asyldebatte darf dabei nicht vernachlässigt werden. Fundamentalisten, potentielle Terroristen und Hassprediger sind in unserem Lande nicht tolerierbar. Hier muss unser Staat - gerade wegen der grundsätzlichen Verantwortung für die Sicherheit aller Bürger - klare Grenzen ziehen. Bei dieser Grenzziehung muss jedoch sichergestellt werden, dass die Menschenrechte auch derer gewahrt werden, die selbst Menschenrechte mit Füßen treten.

Um schließlich einen inflationären Missbrauch und damit eine Schwächung des Begriffes der elementaren Menschenrechte generell zu verhindern, wird es zudem nötig sein, diesen nicht allgemein und uferlos auf alle denkbaren Gruppen- bzw. Partikularziele auszudehnen. Nicht alles, was subjektiven Eigeninteressen entgegenstehen mag, darf vorschnell als Diskriminierung deklariert werden. Ob ein Gesetz wie beispielsweise das aktuell von der rot-grünen Bundesregierung auf den Weg gebrachte sog. "Antidiskriminierungsgesetz" ein wirklich förderlicher Beitrag für die Kultur der Menschenrechtsdebatte ist, erscheint vor diesem Hintergrund mehr als fragwürdig. Bei vielen in diesem Gesetzesbereich angesprochenen Themen ist wohl weniger der Rechtsbereich als vor allem die Kultur unserer gesellschaftspolitischen Diskussion gefordert. Insgesamt müssen wir uns dafür einsetzen, dass der Rechtscharakter der Menschenrechte gegenüber ihrem bloß deklamatorischen Charakter national wie international dauerhaft und konsequent gestärkt und ausgearbeitet wird.

Der Einsatz für den Schutz der Menschenrechte hat seinen Maßstab und seine Legitimation immer am tausendfach konkreten Leid der uns anvertrauten Nächsten. Dafür müssen wir uns als Christen in der Politik unvermindert einsetzen.

Berlin, den 25.06.2004