Werner Lensing stellte die Frage: „Darf der Mensch alles, was er kann?“ Diese Frage, die in der ethischen Diskussion oft gestellt wird, hinterfragte Lensing mit der Gegenfrage: „Darf der Mensch alles unterlassen, was er kann?“ In diesen beiden Fragen, so der Bundestagsabgeordnete zeigten sich die Möglichkeiten auf, wie man sich diesem Thema ethisch nähern könne. Er betonte, dass der Begriff der Menschenwürde inflationär gebraucht würde. Viele Menschen beruhigten sich immer dann, wenn pauschal auf die Einhaltung der Menschenwürde hingewiesen wird. Vielmehr müsse aber der Schlüsselbegriff der Menschenwürde der Sache nach differenziert angewendet werden.
Die Gesellschaft in Deutschland habe ein Recht, mit dem christlichen Menschenbild konfrontiert zu werden, zumal es in Deutschland kein einheitliches Menschenbild mehr gebe. Dieses Menschenbild habe allerdings das Grundgesetz geprägt und die Würde des Menschen als unantastbar verfassungsrechtlich verankert. In Deutschland sei allerdings das Kind im Mutterleib gefährdeter als in der Petrischale. Dies werde bei der gentechnologischen Debatte oft vergessen, so Lensing.
Die Pränataldiagnostik sei anfänglich ein Segen gewesen, so Lensing. Sie konnte doch durch ihre Hilfespätgebärenden Müttern geholfen werden. Dieser Segen würde aber zunehmend zum Fluch.
Dies habe seine Grund darin, dass jetzt auch eine große Anzahl junger Mütter sich dieser Methode bediene, um sich Gewissheit über die Gesundheit ihres Kindes zu verschaffen. Mit dem Wissen, um etwaige Schädigungen, würde somit die Zahl der Abtreibungen erhöht. Das Unrecht der Abtreibung verblasse angesichts des scheinbaren Anrechtes auf gesundes Leben zusehends.
Die Gesellschaft habe für eine Abtreibung eher Verständnis als für das Austragen eines behinderten Kindes. „Dies ist ein Skandal“, so Lensing.
Für den Sprecher der Enquetekommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ beginnt das voll zu schützende Leben mit der Verschmelzung von Samen und Eizelle.
Prof. Kreß stellte zu Anfang seines Vortrages die Frage: „Geht die Menschheit einer Genfalle entgegen?“
Trotz der Gesamtheit der sich stellenden Probleme, stellte Kreß die unzweifelhaften positiven Möglichkeiten der Genforschung dar. In einem kurzen geschichtlichen Abriss machte Kreß deutlich, dass sich die Kirche schon immer über den Beginn des Lebens auseinandergesetzt habe. Erst seit 1869 betonte der evangelische Theologe habe Rom die Menschwerdung vom 80. Tag auf den 1. Tag vorverlegt.
Kreß räumte angesichts der häufigen Spätabtreibungen der Präimplantationsdiagnostik am 3. oder 4. Tag als kleineres Übel den Vorrang ein. Hier gehe um eine Güterabwägung.
Der Bonner Theologe sprach sich angesichts der rasanten Entwicklung in der Gentechnologie für eine intensive gentechnologische Beratung und Betreuung derer aus, die sich Gentests unterziehen. Unter keinen Umständen dürften Geninformationen veröffentlicht werden.
Er hob hervor, dass er in Deutschland ein unfruchtbares Gegenüber von Behindertenverbänden und Ärzteschaft sehe. In Nachbarländern wie in den Niederlanden, würde intensiv zusammengearbeitet. Um das christliche Menschenbild politisch überhaupt hörbar werden zu lassen, bedürfe es keiner „Schwarz-Weiß-Debatte“ und keinem „Dammbruchgerede“. Trotz allem gelte die Regel: „in dubio pro vita.“, im Zweifel für das Leben. Jochen Borchert, der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises betonte, dass die CDU/CSU Fraktion noch mitten im Meinungsbildungsprozess sei.
Berlin, den 28.03.2001
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