Zum Artikel „Wo die Menschenwürde beginnt“

04.01.2001

Der designierte Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin lehnt das „kategorische Argument“ der Menschenwürde für das Klonen menschlicher Embryonen ab.

Die „vollständige genetische Ausstattung“ des menschlichen Embryos ist für ihn kein Grund, die Menschenwürde auf den Embryonalzustand auszudehnen. Für ihn ist die Menschenwürde allein an die Selbstachtung des Menschen gekoppelt. Er sieht die „Achtung der Menschenwürde dort angebracht, wo die Voraussetzungen erfüllt sind, dass ein menschliches Wesen entwürdigt werde, ihm seine Selbstachtung genommen werden kann.“

Damit reiht sich der Philosoph Nida-Rümelin in die naiven und oberflächlichen ethischen Vorstellungen des Kanzlers ein, der schon vor Weihnachten alle begrenzenden „Ideologien“ wie das Christentum mit einem „Basta“ in die Schranken verweisen wollte.

Die Bindung der Menschenwürde an die Selbstachtung des Individuums verkürzt die umfassende Vorstellung der Menschenwürde wie sie durch den christlichen Glauben in unserer Gesellschaft normativ geworden ist. Diese besagt, dass jeglicher Mensch, auch der, der noch nicht oder nicht mehr von seiner Gott gegebenen Würde weiß, unantastbar ist.

Mit seinem verkürzten Menschenwürdebegriff öffnet Nida-Rümelin denen Tor und Tür, die schon jetzt verbal leichtfertig mit dem Lebensrecht von geistig Behinderten, Koma-Patienten und alten Kranken umgehen. Mit diesen Äußerungen wird Nida-Rümelin in Deutschland zum Steigbügelhalter von Eugenikern und Geneuphorikern wie dem amerikanischen Nobelpreisträger James Watson, der dem Leben erbgeschädigter Föten ein Ende setzen will, um unnötiges Leid bei denen zu vermeiden, die ihrer Selbstachtung gewiss sind.

Der Wert der Menschenwürde braucht sich nicht der neuen Forschung anzupassen wie es Nida-Rümelin behauptet. Die Menschenwürde war, ist und bleibt auch im Zeitalter der Gentechnik verbindliche Norm.

Das interdisziplinäre Gespräch, das der philosophische Kulturstaatsminister führen will, sieht konsequenterweise das Gespräch mit den Kirchen nicht vor. Dies zeigt: Nida-Rümelin hat die Anzeigenkampagnen der Bundesregierung „Deutschland erneuern“ schon verinnerlicht.

Berlin, den 04.01.2001