Gedenken an den armenischen Genozid ist ein Gebot der Stunde

24.04.2015

„Vor genau einhundert Jahren hat die Auslöschung des orientalischen Christentums, deren Zeitzeugen wir aktuell immer noch auf so schmerzvolle Weise sind, ihren ersten schrecklichen Höhepunkt in der jüngeren Geschichte erreicht. Zusammen mit den offiziellen Gedenkveranstaltungen ist die vom Deutschen Bundestag neu verabschiedete Entschließung bezüglich der historischen Vertreibungen und Massaker an den Armeniern und anderen christlichen Volksgruppen ein wichtiges politisches Signal des Einsatzes für die universalen Menschenrechte. Gestern wie heute können aber Versöhnung zwischen den Völkern und das Engagement für Menschenwürde und Menschenrechte nur dann glaubwürdig und überzeugend sein, wenn sie von Wahrheit und Wahrhaftigkeit sowie dem Mut zur selbstkritischen Aufarbeitung der eigenen geschichtlichen Schuld getragen sind.

So hat gerade auch Deutschland selbst – vor dem Hintergrund seiner massiven militärischen Verstrickungen im Ersten Weltkrieg – in den letzten Jahren zunehmend seine historischen Mitverantwortlichkeiten erkannt und bekannt. Die Feststellung, dass es sich bei den Ereignissen vor einhundert Jahren um einen Völkermord gehandelt hat, ist richtig und zweifelsohne ein längst überfälliges Gebot der Stunde.

Auch die Türkei muss lernen, mit diesem tiefen Abgrund ihrer Geschichte offen, ehrlich und verantwortlich umzugehen. Die jüngsten türkischen Reaktionen geben dazu aber leider wenig Anlass zur Hoffnung: Die Kritik des türkischen Ministerpräsidenten am Papst, dieser hätte mit seinen jüngsten Worten einen „wachsenden Rassismus in Europa“ geschürt, ist zurückzuweisen, denn Aufarbeitung, Erinnerung und Kenntnis der Wahrheit sind die Voraussetzungen für die Aussöhnung zwischen der Türkei und Armenien.“

Berlin, den 24.04.2015