Herausforderungen der gegenwärtigen Asyl- und Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa

18.09.2015

„Die gewaltigen Flüchtlingsbewegungen nach Deutschland und Europa stellen für uns eine ganz besondere humanitäre, gesellschaftliche und politische Herausforderung dar. Das Gebot der Stunde lautet jetzt: All diejenigen, die in größter Verzweiflung und aufgrund von schwerer Not und Verfolgung den Weg zu uns finden, müssen erst einmal menschenwürdig untergebracht und schnell mit allem Nötigsten versorgt werden. Die enorme ehrenamtliche Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft des ganz überwiegenden Teils der deutschen Bevölkerung, die in diesen Tagen zu Recht auf der ganzen Welt große Beachtung und Wertschätzung erfährt, verdient hohe Anerkennung und großen Dank. Die Entscheidung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in einer besonderen humanitären Notlage schnelle Hilfe zu gewährleisten, entspricht dem christlichen Menschenbild und ist ein Gebot der christlichen Nächstenliebe.
Ebenso wichtig ist es aber auch, dass wir in Deutschland zügig wieder ordentliche und geregelte Verfahren sicherstellen. Einerseits müssen die Asylverfahren nun mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln beschleunigt werden, damit den tatsächlich Verfolgten Schutz, Hilfeleistungen und eine zügige Integrationsperspektive eröffnet werden kann. Andererseits muss auch klar sein, dass diejenigen, die keinen Anspruch auf Asyl genießen, hier keine Bleibeperspektive haben können und zeitnah sowie konsequent in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden. Hier sind vor allem die Bundesländer gefordert. Die überlasteten Kommunen müssen von Bund und Ländern stärker unterstützt und entlastet werden.
Aber nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa ist dieser Tage aufgefordert, sich wieder neu als Wertegemeinschaft zu verstehen. Zu den Grundwerten des vereinten Europas gehören der Schutz der Menschenwürde und die gelebte Solidaritätsverpflichtung gegenüber den Geschundenen, Verfolgten und Notleidenden, die bei uns Zuflucht suchen. Alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union stehen in der Pflicht, Verfolgte aufzunehmen. Wer sich auf die Werte des christlichen Abendlandes beruft und sich um das christliche Erbe unseres Kontinents sorgt, sollte wissen, dass der auferstandene Christus selbst es ist, der uns in diesem Augenblick zuruft: „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen!“ (Matthäus 25,35)
In allen europäischen Ländern muss jetzt klar sein, worum es geht: Das Projekt des vereinten Europas auf der Basis gemeinsamer humanitärer Werte darf an dieser akuten Flüchtlingsfrage nicht scheitern. Deshalb müssen wir gemeinsam eine europäische Antwort finden. Wir unterstützen das Ziel eines einheitlichen europäischen Asylrechtes, wie es auch Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière vorgeschlagen hat. Das beinhaltet auch, dass wir mit allen Anstrengungen die Fluchtursachen in den Herkunftsländern bekämpfen müssen, um auch denen Unterstützung, Sicherheit und Hilfe zu leisten, die in den Krisenregionen vor Ort bleiben müssen.
Dem EAK ist klar, dass gegenüber der Aufnahme der Flüchtlinge die große und langfristige Aufgabe die Integration ist.“

Berlin, den 18.09.2015