Knabenbeschneidung in Judentum und Islam darf nicht kriminalisiert werden – Positive Religionsfreiheit erfordert die Bereitschaft zu Toleranz und Augenmaß

19.07.2012

Aus Anlass des jüngsten Beschneidungsurteils des Kölner Landgerichtes erklärt der Bundesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK) und Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Thomas Rachel MdB:

"Die sowohl für das Judentum als auch für den Islam bedeutsame Tradition der Beschneidung von Knaben muss hierzulande auch künftig möglich sein und darf, sofern sie in medizinisch fachgerechter Weise durchgeführt wird, nicht auf fälschliche Weise kriminalisiert werden. Es ist zutiefst zu bedauern, dass es durch das jüngste Kölner Landgerichtsurteil zu einer massiven Verunsicherung in Bezug auf die allgemeine Rechtmäßigkeit der Beschneidung gekommen ist. Diese rechtliche Grauzone muss durch den Gesetzgeber so schnell wie möglich geschlossen werden.

Die in der Kölner Urteilsbegründung angeführten Argumente und Grundrechtsabwägungen, wiewohl sie sich auf einen Einzelfall beziehen, sind bei näherer Betrachtung äußerst problematisch. Mit besonderem Blick auf das Judentum ist hiermit zugleich ein selbstverständliches, Identität prägendes und jahrtausendealtes Religionsrecht in völlig unnötiger Weise mit in Frage gestellt worden. Ein ausgewogenes Religionsfreiheitsverständnis erfordert jedoch immer Augenmaß, Toleranz und hinreichendes Differenzierungsvermögen, gerade auch bei der verantwortlichen Abwägung konkurrierender Rechtsgüter. Das hat das Kölner Urteil leider verabsäumt und damit für unnötige Irritationen gesorgt.

Der bisher in der Bundesrepublik Deutschland geltenden und bewährten Rechtsauffassung - auf der Basis eines positiven Religionsfreiheitsverständnisses – muss darum nun bundesgesetzlich wieder hinreichend und eindeutig Raum geschaffen werden.“

Berlin, den 19.07.2012